Radiobeitrag bei Radio MultiKulti von Ursula Voßhenrich am 13.11.2000 Martino, Bilo, Coco und die anderen lungern immer in ihrem Park herum, irgendwo in Berlin. Sie quatschen, klauen, kiffen und dealen, eine kleinkriminelle Jugendgang. Als der selbsternannte Kiezscheriff Philipp Austerlitz auftaucht, schlägt die Situation plötzlich ins Brutale um. Philipp Austerlitz, Typ rechter Schläger, will mit seinem Pitbull im Park für Sauberkeit und Ordnung sorgen. Die Situation eskaliert und endet blutig, Austerlitz wird abgestochen. Die nächste Szene führt ein paar tausend Kilometer weiter südöstlich, in ein fiktives, asiatisches Land, indem Bürgerkrieg herrscht. Ein deutscher Waffenhändler gerät zwischen die Fronten der Parteien, an denen er bislang verdient hat, zwischen Staatsmacht und Aufständische. Auch hier sind Jugendliche an den Waffen, die Freie Volksarmee stürzt das alte System. Welten liegen zwischen den Szenen im Berliner Park und der blutigen Revolution in Asien. Dennoch gibt es Verbindungen zwischen diesen Teilen. Die Gewalt hat ähnliche psychologische Mechanismen, sagt David Spencer, Autor des Stückes CLÄMOARR. | |
David Spencer:
| In
dem ersten Teil wird die Gewalt auch unter Jugendlichen, von diesen Jugendlichen
ausgeübt und auch gegen sie. In dem Sinne sind die Systeme sehr ähnlich.
Die Kinder, die Jugendlichen in beiden Teilen versuchen ihren Raum zu
schützen. |
David
Spencer stammt aus dem nordenglischen Halifax und hat das Stück Clämoarr/Geschrei
in Yorkshireakzent geschrieben. Für die Spandauer Gruppe wurde es
ins Deutsche übersetzt und auf die Berliner Jugendlichen zugeschnitten.
Da musste aber gar nicht viel geändert werden. Figen Türker,
eine der Schauspielerinnen, ist das Lebensgefühl der Jugendlichen
im Theaterstück ganz vertraut. | |
Figen Türker:
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Dass dann einer von dem Vater geschlagen wird, oder dass mehrere von den Eltern geschlagen werden. Und überhaupt, dass es dann da so einen Chef gibt und der ist dann natürlich mit dem besten Mädchen zusammen, mit der Schönsten aller Schönsten. Das ist eigentlich typisch so, dass ist eigentlich immer so. |
Die
Spandauer Theatertruppe ist bunt gemischt. Die jugendlichen Schauspieler
kommen aus kurdischen, türkischen, kubanischen, italienischen und
deutschen Familien. Auch das passt gut zum Stück und ist eben Berliner
Realität sagt der Deutsch-Italiener Manuel Abatecola, der den Anführer
der Jugendgang spielt. | |
Manuel Abatecola:
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Das ist im Endeffekt so irgendwo in der Hasenheide, da hängen dann
wirklich Marokkaner, Araber, Türken, Jugoslawen, Albaner, alle zusammen
in irgendeiner Clique und halten halt zusammen. Und die kämpfen dann
wiederum gegen andere Schwarzköpfe, gegen andere Albaner und andere
Araber und, und, und. Und da passt die Truppe wunderbar zusammen. |
Clämoarr
ist ein Stück über Gewalt, vor allem über das nicht mehr
im Griffhaben von Gewalt, über das Zündeln, aus dem plötzlich
ein Großbrand wird und es ist ein Stück über das Geschrei/Clämoarr,
aus Schmerz, aber auch aus Entsetzen, dass es zum Löschen zu spät
ist. | |
Moderatorin:
|
Clämoarr/Geschrei,
heute Abend läuft es noch und dann am nächsten Wochenende und
auch am übernächsten Wochenende und zwar im Klubhaus in der
Westerwaldstrasse 13 in Berlin Spandau. Heute Abend geht es um 19 Uhr
los. Und wir haben für die, die jetzt am allerschnellsten am Telephon
sind zweimal zwei Freikarten. Unsere Telephonnummer ist die 3021068. |
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